Zweiter
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Aufzug im Stuck, Konstanz blattert in einen verstaubten Lederband
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tagebuchahnlichter Aufzeichunungen, dem Traum einer "guten Nacht"
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(miteinem Kirschgarten vertascht).
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Dialog, Gebankengange eines 10 jahrigen Kindes uber Schopfung,
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Tagewerk und Naturgeszertze, Exzerpt aus zweitem Akt.
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Suss wermelkt das Licht des Tages goldnen Rausches, der Bluten
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holdgewordne Farbenschiller, ach font ein Stimmlein von der Zauensmitte,
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musst wundern mich das karge Zittern jener Federhulle. Welch junge Zeich
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ich hab' verkannt, welch adler Garten verwuchs mir Herbstweh in dem Dunkel
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jen' geliebten Mutterschosses. So trat ein ich auf das Grun mitbeiden
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Fussen, dankt' noch dem Schein der Mondin, dass so traumelnd mich
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geblendet mit Zirpen seiner bunten Pracht, den falschen Glanz der Nacht
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gewendet verschwandt ich dann bloss weit und bleich vom Gartschen
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in das bauerliche Feldrezitiert aus dem Traumbild jenes Sommers
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[Chor:]
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"Konstanz, wass weinest Du so klaglich, sieh' bloss das Baumlein still
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im Weiss der Winterdeche, verfassen ohne Farberslaub verstreut, deri
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Gesichtern truber Wessen gleichals sei nicht nur das Menschenkind dem
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katten Tode eingeweiht. Erwarte nicht den Glockenschlag berauschender
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Gesange eines Kirschenbaumes' Wipfelstille, erst Blutenreich der Deinen
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Fremde soll musizierenmit Voglein warmer Morgenwinde, dem Streben Deiner
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Such sogleich ein rotes Stadtlein mag hold der Heid gefallig sein, bemerke
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bloss das Kirschenlied ein weitres Bildnis eines Wiessenlandes ist wohl
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mehr der dein' Erinnrung gleich. Entrscheide selbst verfuhrtes Kindlein,
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ob Lenzses Zeit Dir Freund genug, um dieser Such' ein Sternchen Gluck
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zu schenken, ob winterlicher Lufteklang der Zof' lasst strahlen Haar
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und Grases Leben vor kahlen Holzern ebengleich"
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[Konstanz:]
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"Nun ist'e ein roter Leichnam, ich tat Memoiren schon von des Grabesdeckel's
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Versgestein? Soll's sein ein wunderbarer Chor, der mich bat bloss lenses
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Farben abzuwarten, das Haar der Zof' wie apfelgrunes Weidegras zu strahlen,
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und Winter's kahle Kopfhaut mit kleinen Kammen zu verschmahen? O vogel,
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dacht ich, warst du eines unsrer Kindlein doch, Dein Dammerlicht verweile
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dann in meinigem Gedankeloch, wie ist's mir dann bestimmt, dass Lppen
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nicht erffieren und ob der Schwarz und fadenscheinend Kleider ich find das
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Gartlein trotz verschneitem Grund, lasst Licht uns aus den Grabern tragen,
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den Winter gar vergraben und in dem Kreis des Zaunes tollen, als wars
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damals, Gesass' im Holzast schon versenkt, mit blossen Handesflachen das
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Herzlein eines Blutleins in den Winkel eines Kindermundes eingeswangt"
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[Chor:]
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"Konstanz, mein Liebes, als Knabe werdest Du erwachsen, bevor manch
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versteinert Palmenwald verschliesst Diw all schweisstrunken Traum. Welch
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Seele sheuer Ungebuld Dir gab gehetzt ein Bild zuruck, welch halbverschlossen
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Blum und Kraut soll bluten im gebannten Leibe. Ach, Du Kindlein ohne Gott,
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am Wege schon zur Gartenwand, ist's doch der weisse Kamerad, der zudeckt
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Dir Almosen, der nimmt Dir all der Bienen Heim, der Zeiten Feder' rot
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idylle, wie um alles in dies lieblich Welte willst finden Du den Grabesrand?
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Ein wort in sussem Wahn ich lass Dir heissen. des Lenszes Zeite Augenweide
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ist nicht in jebem Gartlein gleich, so sei's dass sebst die kirschfrucht
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Ditch bat in wundiger Erinnerung, fur all das rote Heirzgesicht ein goldnes
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Pfeilchen ausuzusenden"
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[Konstanz (seufzend):]
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"Ach uber mir gegangnes Farbennetz, beschame bloss mit weissen Schatzen
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mir Liebchen Traum vom Blutenkranz, ein helles Kerzchen zugedecht, das
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weisse Segel schon gespannt. Nun weiss ich's doch, dass einschlief Zaunes
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Konig unter still gegangen Blatters, das Zirpen aufgespart fur Traume
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eines niedlich' Kindleins, doch jetzt mein Konig mit ist es Zeit, mein
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Stoffschuh, er ist schneeverfroren, nicht villig mehr fur weite Bahnen,
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den Schal ich hab verloren uinter einst erbautem Nebeltisch. Wenn all die
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Schopfung rechbehalt, wenn rote Traume enden schneebedingtich weiss mein
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Voglein, Du bist da, wo einst Du sasst' am Gartenzaunnun zirpe bloss,
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mal hell, mal dunkel, ich will doch nur mein Traumbild sehen, ein
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Kirschengartlein aus dem weissen Schutte holen, weil ich nicht will,
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dass es erstickt"
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Kapitel II. Der Kirschgarten Oder Memorien An Die Stirn Der Kindeszeit
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| Angizia |